Seit Beginn der Corona-Pandemie wurde – nicht nur für Bestatter – der Begriff „systemrelevant“ zu einem Zauberwort, versprach er doch einerseits die Möglichkeit für
die Angehörigen dieser Berufe, ihren Nachwuchs weiterhin in Kindertagesstätten und Schulen oder vergleichbaren Einrichtungen betreuen zu lassen und andererseits – besonders für Bestatter - den
Zugang zu den dringend benötigten Schutzausrüstungen.
Was aber ist „systemrelevant“ ? Wikipedia definiert dies wie folgt: „Als systemrelevant werden Unternehmen, kritische Infrastrukturen oder Berufe bezeichnet, die
eine derart bedeutende volkswirtschaftliche oder infrastrukturelle Rolle in einem Staat spielen, dass ihre Insolvenz oder Systemrisiken nicht hingenommen werden können oder ihre Dienstleistung
besonders geschützt werden muss.“
Hierzu gibt es auf Bundesebene eine Liste von Berufen, die an die Verordnung zur Bestimmung kritischer Infrastrukturen nach dem Gesetz über das Bundesamt für
Sicherheit in der Informationstechnik angelehnt ist. Hier findet sich unter anderem auch die Abfallentsorgung, nicht jedoch der Beruf des Bestatters.
Und auf Landesebene bot sich ein sehr differenziertes Bild. In einigen Bundesländern – so zum Beispiel in Baden-Württemberg – war man sogleich bereit, den Bestatter
zu den systemrelevanten Berufen zu zählen, in anderen Bundesländern – so in Hessen - dauerte dieser Entscheidungsfindungsprozess ungeachtet aller Bemühungen der Verbände etwas länger, während
beispielsweise in Rheinland-Pfalz kein Bedarf hierfür gesehen wurde.
Eine besondere Brisanz erhält diese Nicht-Berücksichtigung von Bestattern hinsichtlich der kritischen Infrastruktur auch durch die Tatsache, dass sowohl das
Robert-Koch-Institut als auch die meisten Landesregierungen detaillierte Handlungsanweisungen im Umgang mit SARS-CoV-2 Virus infizierten sowie an COVID-19 erkrankten verstorbenen Personen
herausgegeben haben, die hierin vorgeschriebenen persönlichen Schutzausrüstungen jedoch weder zur Verfügung gestellt wurden noch auf dem freien Markt verfügbar waren.
Wenn zurzeit auch die befürchteten Auswirkungen der Corona-Pandemie offenkundig nicht eingetreten sind und eine deutliche Entspannung auch für das Bestatterhandwerk
feststellbar ist, so wird es doch in nächster Zeit einiger Anstrengungen der Verbände bedürften, auf Bundesebene zur kritischen Infrastruktur gezählt zu werden.
Sicherlich ist die Abfallentsorgung als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge wichtig, aber eine würdevolle Bestattung unserer Verstorbenen auch in Krisenzeiten
sollte mindestens gesellschaftlich genauso hoch angesiedelt werden!
Hermann Hubing
DIB-Geschäftsführer